
„Dank der Kinder zeigt, dass es die Mühe wert ist“
HVNB-Präsident Stefan Hüdepohl zu Herausforderungen und Erfolgen des Grundschulaktionstages.
Bundesweit erreichen der Deutsche Handballbund und seine Landesverbände mit dem Grundschulaktionstag in diesem Jahr 320.000 Kindern – und stellten damit erneut einen Rekord auf. Spricht Stefan Hüdepohl über eben diesen Grundschulaktionstag, ist ein hocherfreutes Lächeln aus nahezu jedem Wort herauszuhören. 2024 sind allein im Gebiet des HV Niedersachsen-Bremen mehr als 54.000 Kinder zum großen Teil erstmals mit Handball in Berührung gekommen. Hüdepohl, seit 2016 Präsident des HVNB und seit 2017 einer der Vizepräsidenten des Deutschen Handballbundes, erklärt im Interview, wie das Erfolgsmodell vor Ort funktioniert, welche Herausforderungen Jahr für Jahr zu bewältigen sind und was er sich von der Politik wünscht.
Seit wann finden unter dem Dach des HVNB – oder früher des HVN – Handball-Grundschulaktionstage statt?
Hüdepohl: Wir führen den Grundschulaktionstag seit 2010 durch. Das war zunächst klein, aber fein. Seitdem hat sich das kontinuierlich weiterentwickelt. Und in diesem Jahr haben wir mit 500 Schulen und über 54.000 Kindern wieder einen Rekord aufgestellt.
Welche Ziele verfolgt der HVNB mit dieser Maßnahme?
Hüdepohl: Wir haben drei. Erstens: überhaupt den Zugang zu den Schulen zu schaffen – das ist nicht immer einfach. Zweitens: Handball an Schulen zu präsentieren, um später im Nachmittagsangebot des kommenden Ganztags Fuß zu fassen. Drittens: Mitgliedergewinnung. Der Aktionstag führt regelmäßig dazu, dass neue Kinder in die Vereine kommen. Bis letzte Woche haben wir bereits 150 neue Spielberechtigungen erteilt – und die sind in den ersten Monaten, wenn sie durch den GSAT motiviert sind, gebührenfrei.
Was sind die größten Herausforderungen beim Grundschulaktionstag?
Hüdepohl: Die sind vielfältig. Personelle Ressourcen sind ein großer Faktor – bei 500 teilnehmenden Schulen, die alle Materialien bekommen, sieht die Geschäftsstelle teilweise aus wie das Lager eines großen Paketdienstes. Jede Schule braucht einen Verein als Partner, was gerade in ländlichen Gegenden schwierig sein kann. Dennoch schaffen wir es immer, passende Lösungen zu finden. Und der Dank der Kinder zeigt, dass es die Mühe wert ist.
Wie viele Personen aus Ihrem Team arbeiten daran, den Aktionstag umzusetzen?
Hüdepohl: In der Vorbereitung, insbesondere beim Packen der Materialien, ist die gesamte Geschäftsstelle des HVNB eingebunden. Organisatorisch kümmern sich vor allem zwei Referenten für Mitgliederentwicklung darum, unterstützt von einer weiteren Person.
Dieses Jahr gab es bundesweit sowie in Niedersachsen und Bremen neue Rekordwerte. Woran liegt das?
Hüdepohl: Wir haben bereits während der Corona-Pandemie gut gearbeitet und uns für die Zeit danach gut aufgestellt. Der Erfolg der Männer-Nationalmannschaft hat uns sicherlich auch geholfen. Handball ist einfach packend – die schnelle Action und die vielen Abschlüsse ziehen Kinder an. Das hat unser Wachstum zusätzlich beflügelt.
Welche Rolle spielen die Vereine bei der Durchführung der Aktionstage?
Hüdepohl: Ohne Vereine geht gar nichts. Sie müssen die Kinder letztlich aufnehmen und betreuen. In ländlichen Regionen ist es manchmal schwierig, Partnervereine zu finden, aber wir erleben auch tolle Beispiel: In der kleinen Grundschule Wrestedt in meinem Landkreis Uelzen, unterstützt der kleine, aber handballverrückte TSV Nettelkamp mit zwölf Ehrenamtlichen den Grundschulaktionstag.
Wie ist die Resonanz der Schulen und Lehrkräfte?
Hüdepohl: Die Resonanz ist überwiegend positiv. Viele Lehrkräfte schätzen die Abwechslung. Einige sind mit Herzblut dabei, andere nutzen das fertige Programm, weil sie selbst wenig Berührungspunkte mit Handball hatten und dann hoffentlich vom Handball begeistert sind. Insgesamt laufen solche Eventtage sehr gut.
Gibt es Beispiele, wo aus den Aktionstagen langfristige Kooperationen zwischen Schule und Verein entstanden sind?
Hüdepohl: Das ist sehr unterschiedlich. In Städten mit hauptamtlichen Trainerinnen und Trainern in den Partnervereinen sehen wir gute Ergebnisse. Auf dem Land hängt es stark von den handelnden Personen ab. Gute Projekte können über Jahre laufen, aber ein Wechsel der Verantwortlichen kann vieles verändern. Eine Pauschallösung gibt es nicht, jede Kooperation ist individuell.
Was macht Handball als Schulsport besonders attraktiv?
Hüdepohl: Handball ist extrem bewegungsintensiv und durch viele Torabschlüsse spannend. Für Schulen setzen wir auf vereinfachte Varianten wie „Five-a-side“ mit weniger Körperkontakt und weicheren Bällen. Die Dynamik, Athletik und das Gemeinschaftsgefühl machen den Reiz aus.
Was muss geschehen, damit Vereine den großen Zuspruch bewältigen können?
Hüdepohl: Die Sportinfrastruktur ist ein Problem – viele Hallen sind sanierungsbedürftig. Vereine müssen zudem genügend Ehrenamtliche haben. Positiv ist, dass viele Vereine mittlerweile nach vorn schauen und wir einen Zuwachs bei den ausgebildeten Trainerinnen und Trainern verzeichnen.
Aber ohne politische Unterstützung und öffentliche Mittel geht es auch nicht, oder?
Hüdepohl: Der Sport wird oft als wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und insbesondere für Integration und Inklusion gelobt, aber wenn es um konkrete Unterstützung geht, bleibt wenig übrig. Wir brauchen eine bessere Förderung, insbesondere mit Blick auf die erwähnte Infrastruktur. Der Handball kann viel leisten, aber allein schaffen wir das nicht.
Interview: Tim Oliver Kalle
Foto: Kenny Beele
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